K2 Nord Expedition - Newsletter #3

Eine Woche ist schon wieder vergangen seit unserem letzten Newsletter. Tage mit bester Teamarbeit am Berg und gutem Vorankommen.
 
Am 12. Juli waren wir nach 3 Ruhe- und Schlechtwettertagen wieder zu unserem Lager I aufgestiegen. Ab unserem Depot beluden wir unsere Rucksäcke wieder mit Absicherungsmaterial wie Haken, Eisschrauben, Firnanker und Fixseil. Einen der steileren Teile der Nordpfeiler-Route wollten wir in den nächsten Tagen versichern.

Schon bis Lager I hatten wir zum Teil knietiefen Schnee, obwohl sich dieser durch die an diesem Tag intensive Sonneneinstrahlung schon ein wenig setzte. Sobald wir unsere Zelte freigeschaufelt hatten, stärkten wir uns ordentlich mit den Knoblauch-Brat-Kartoffeln, die uns unser Koch Abdul mitgegeben hatte. Wir besprachen die Taktik für den nächsten Tag, der nicht ganz nach Plan verlief.
Im zum Teil hüfthohen Schnee wühlten wir uns aufwärts, kamen jedoch nur langsam voran. Der Aufstieg war kräftezehrend und im oberen, deutlich steiler werdenden Teil des Schneegrates wurde es lawinengefährlich. Wir entschieden es dort gut sein zu lassen, um am nächsten Tag, nachdem sich der Schnee besser gesetzt hätte, an gleicher Stelle weiterzumachen.

Max, Vassiliy, Darek und Tommy stiegen wieder ab ins Lager I, Ralf und ich schaufelten an einer sicheren Stelle des Grates eine kleine Plattform für unser Zelt und verbrachten einen gigantisch schönen Nachmittag auf 5950 Metern. Wie erhofft, gingen entlang des Grats zahlreiche Lawinen ab, so dass wir am nächsten Morgen gut weitersteigen konnten.
 
Um 6.00 Uhr morgens, wir waren am Grat bereits am Weiterspuren, erreichte uns die Morgensonne. Diese war so kraft- und energievoll, beide spürten wir große Dankbarkeit, in dieser wunderbar wilden Natur unterwegs sein zu dürfen.
Nach den anspruchsvollen Felspassagen ruhten wir uns kurz aus und sahen bereits die anderen nachkommen. Heute wollten wir den Platz von unserem geplanten Lager II erreichen. Während wir uns Meter für Meter aufwärts arbeiteten, rann die Zeit nur so dahin. Maxut und Vassiliy kamen mit Fixseilnachschub hinterher. Die Route ist durchgängig sehr steil und wir werden noch einige Male auf-und-ab steigen müssen. Deshalb wollen wir die Route bestmöglich mit Fixseilen absichern. Ganz ehrlich: diese ist deutlich steiler und anspruchsvoller als von uns erwartet.

Nun stieg Vassiliy, der moralisch außerordentlich gefestigt ist, vor: eine ca. 150 Meter hohe Blankeisflanke mit zuckerartiger Schneeauflage - zum Teil felsdurchsetzt - lag vor uns. Ralf bohrte als Sicherungspunkte wieder einige Abalakov-Eissanduhren für die Zwischensicherungen und Standplätze, während ich Vassiliy sicherte. Nach einem letzten, sehr heiklen und steilen Felsabschnitt erreichten wir um 20:30 Uhr, über viele Stunden voller Konzentration, eine Höhe von genau 6600 Meter, wo wir unser kleines Zelt aufbauten. Vassiliy seilte sich noch ab bis 6250m, wo Maxut für ihre Nacht alles vorbereitet hatte. Ralf und ich wollten die Nacht auf dem ersten, etwas flacheren Absatz des Pfeilers an der Stelle von Lager II verbringen. Darek und Tommy, die für weiteren Materialnachschub sorgten, schliefen am Schneegrat an unserer Plattform der Nacht zuvor. An diesem Tag war, -wie immer bisher- die Teamarbeit perfekt!

Per Funk waren wir in Kontakt. Vassiliy war gut bei Maxut angekommen und auch Darek und Tommy fühlten sich wohl. Wir hatten große Mühe, nach 14,5 Stunden Aufstieg noch die nötige Flüssigkeit zu schmelzen und zu uns zu nehmen. Die Abendstimmung in Worte zu fassen, ist schier unmöglich. Der gesamte Horizont schien zu glühen und einmal mehr erfüllte uns tiefe Freude. Eine Stunde vor Mitternacht lagen wir endlich in unseren Schlafsäcken. Sehr, sehr müde.

Um 6:00 Uhr klingelte bereits Ralfs Armbanduhr, die er während der Nacht immer unter seiner Mütze aufbewahrt. Wir hatten Funkkontakt mit den anderen ausgemacht. Darek und Tommy brachten noch Material zu Maxut und Vassiliy, wir beide richteten auf 6600 m ein lawinensicheres Depot ein. Nach 2 Stunden Abseilen trafen wir in Lager I alle wieder zusammen und machten uns bei einsetzendem, starkem Schneefall auf den Rückweg in unser vorgeschobenes Basislager. Unser Freund und Meteorologe Charly (Dr. Karl Gabl in Innsbruck) hat mit seinem Wetterbericht wie so oft recht behalten. Zwei Tage schlechtes Wetter sollten nicht zu viel Neuschnee bringen, so dass wir bei unserem nächsten Aufstieg hoffentlich bessere Verhältnisse antreffen werden.
 
Für heute verabschieden wir uns und senden Euch ganz herzliche Grüße vom Schneetreiben in unserem ABC,
 
Gerlinde und Ralf